Vegetarisch im Café Kuckuck: Sabine Decker & Andreas Chen
Zufrieden steht Sabine Decker im Café Kuckuck, das sie zusammen mit ihrem Mann Andreas Chen im Frühjahr 2019 eröffnet hat. Jahrelang stand das traditionsreiche „Landgasthaus im Bürgerholz“ nördlich von Salzwedel leer. Es fand sich kein Käufer. Sabine Decker und Andreas Chen haben 20 Jahre als Landschaftsgärtner zwischen Hitzacker und Wolfsburg naturnahe Gärten gestaltet, Teiche angelegt und Dächer begrünt. „Wir fuhren auf dem Weg zu unseren Kunden oft hier vorbei und lasen das Schild zu verkaufen. Wir haben lange überlegt und es dann schließlich gekauft.“ Von Gastronomie hatten die beiden keine Ahnung, aber eine Vision: Es sollte ein reines Wochenendcafé und ein Treffpunkt für Menschen werden. Das Angebot sollte auf jeden Fall vegetarisch und nach Möglichkeit sogar vegan sein und möglichst viel von dem eigenen Obst und Gemüse verarbeitet werden. „Unmöglich in der Altmark“, lauteten die Vorbehalte. Ein Berater machte ihnen Mut: „Quereinsteiger sind oft die besten Gastronomen.“
Sabine Decker und Andreas Chen zogen vor mehr als 20 Jahren aus dem Ruhrgebiet in die Altmark. Sie renovierten in einem kleinen Dorf eine alte Molkerei und machten sich selbstständig. „Wir kannten die Region von den Anti-Atomkraft-Demonstrationen und konnten uns vorstellen, hier zu leben. Wir wollten raus aus der Stadt.“ Sie landeten nicht im Wendland, denn dort waren Häuser und Grundstücke teurer. „Inzwischen zieht die Altmark nach und die Preise gleichen sich langsam an.“ Wendland und Altmark bedeuten für Sabine Decker „unglaubliche Freiheit.“ „Ich kenne keine andere Gegend, in der es so viel Netzwerke und Projekte gibt.“ Allerdings gefällt ihr der teils morbide Charakter der Altmark besser, wo es weniger aufgeräumt ist als im Wendland.
Im Café Kuckuck gibt es nicht nur Getränke, Kuchen, Snacks oder ein Frühstücksbuffet. Die beiden Landschaftsgärtner verwandeln das rund 4.000 Quadratmeter große Gelände nach und nach in eine Art Schaugarten. „Wir erläutern hier aktuelle Themen wie Klima, Wasser und Ernährung und zeigen an Beispielen, was das mit Gartengestaltung zu tun hat.“ Rund um das Café laden Blumen- und Streuobstwiesen, Hecken als Schattenspender oder Windschutz, ein fast zugewachsener Teich und vieles mehr zum Entdecken ein. Sabine Decker bedauert, dass die Leute sich heute nur noch im Baumarkt zum Thema Gartengestaltung informieren können. „Das Informationsangebot müsste größer und vielfältiger werden.“
Auch Tourismus und Kultur liegen ihr am Herzen. „Das ist nicht immer einfach, weil einem von offizieller Seite oft Steine in den Weg gelegt werden.“ Zum Glück hat sie ein Netzwerk aus vielen engagierten Menschen. So ist das Café Kuckuck ein Treffpunkt für Initiativen und Organisationen, die thematisch passen. Auch kulturell stellt das Café einiges auf die Beine: Konzerte, Lesungen, Theater. „Wir sind sehr glücklich, wie es läuft“, resümiert die blonde Frau.
Decker genießt es, in einer Gegend zu leben, in der Störche fliegen und die Natur noch Platz hat. „Je mehr ich sehe, wie anderswo die Natur verschwindet, desto mehr schätze ich das hier. Das soll bitte so bleiben.“ Deshalb ist sie auch gegen den Ausbau der Autobahn 14 durch die Altmark. Für sie ist es ein Standortvorteil, so weit weg von Autobahnen zu leben und arbeiten. „Die Gäste kommen trotzdem oder gerade deswegen.“ Sie erzählt von Touristen, die ihre Fahrt so planen, dass sie im Café Kuckuck Pause machen können. Begeistert ist sie auch, dass das Café in so einer geschichtsträchtigen Region liegt, nur einen Kilometer vom Grünen Band entfernt. „Ich hatte vorher keine Ahnung von Grenzgeschichte.“ Aber es sei spannend und wichtig, sich mit dieser Geschichte und den Schicksalen der Menschen auseinanderzusetzen. „Da kann ich so manche Verbitterung von Menschen nachvollziehen.“
Autorin: Beatrix Flatt
Dieser Text ist Teil des Reisebuches „GRÜNES BAND ALTMARK. Erlebnisrouten zu Natur und Geschichte“, erschienen 2023 im Omnino Verlag Berlin.